Benennung zur verantwortlichen Person nach GDP: Was bedeutet "Zuverlässigkeit"?

Wer Großhandel mit Arzneimitteln betreibt, bedarf gemäß § 52a Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) einer Erlaubnis. Mit dem Antrag auf eine solche Erlaubnis hat der Antragsteller u.a. eine verantwortliche Person zu benennen. Die zuständige Behörde kann den Antrag ablehnen, wenn die betreffende Person die zur Ausübung ihrer Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was genau mit "Zuverlässigkeit" gemeint ist.

Begriffsbestimmung

Zuverlässigkeit ist ein sogenannter unbestimmter Rechtsbegriff. Unbestimmte Rechtsbegriffe sind im deutschen Recht solche, die nicht legal definiert sind, sondern vom Gesetzgeber mit einem eher vagen, teilweise auch mehrdeutigen oder nicht abschließend aufgezählten Inhalt versehen wurden.

Eine mögliche Definition lautet: Zuverlässig ist eine Person dann, wenn sie die Gewähr dafür bietet, die ihr obliegenden Pflichten bei der Durchführung der betreffenden Tätigkeit jederzeit in vollem Umfang zu erfüllen.

Zuverlässigkeit bezieht sich stets auf die Zukunft und auf eine konkrete (berufliche) Tätigkeit.

Die Prüfung der Zuverlässigkeit spielt nicht nur im Zusammenhang mit der Benennung als verantwortliche Person eine Rolle, sondern ist beispielsweise auch im Waffen- und Jagdrecht oder im Personenbeförderungsgesetz von Bedeutung. Die Zuverlässigkeit wird aber auch von Personen erwartet, die eine Gewerbeerlaubnis beantragen. In diesem Zusammenhang ist unzuverlässig, wer keine Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft sein Gewerbe ordnungsgemäß ausüben wird.

Hat sich die betreffende Person in der Vergangenheit nichts zu schulden kommen lassen, ist die Situation in aller Regel unproblematisch. Schwierigkeiten kann die Prüfung dann bereiten, wenn ein rechtlich relevantes Fehlverhalten vorliegt. In diesem Fall geht es nämlich darum, aus diesem Verhalten in der Vergangenheit eine Prognose über das zukünftige Verhalten abzugeben und dieses in Hinblick auf die angestrebte Tätigkeit zu bewerten.

Prüfung der Zuverlässigkeit der verantwortlichen Person

Zunächst ist festzuhalten, dass für die erforderliche Zuverlässigkeit der verantwortlichen Person kein allgemein gültiger Maßstab existiert (vgl. Stumpf, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 3. Auflage 2022, AMG § 52a Rn. 59).

Die verantwortliche Person muss persönlich zuverlässig sein. Die erforderliche Zuverlässigkeit zur Ausübung ihrer Tätigkeit darf von der Behörde nicht ohne berechtigte Gründe verneint werden (vgl. Rebmann, in: Rehmann, Arzneimittelgesetz (AMG) 5. Auflage 2020, AMG § 52a Rn. 3).

Mit dem Antrag wird von der zuständigen Behörde normalerweise die Vorlage eines aktuellen polizeilichen Führungszeugnisses gefordert. Sind in dem vorgelegten Führungszeugnis keine Eintragungen vorhanden, werden sich für die Behörde in der Regel keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Zuverlässigkeit ergeben. Das polizeiliche Führungszeugnis dient in diesem Fall als Beleg für die Zuverlässigkeit der verantwortlichen Person.

Zu beachten ist jedoch, dass bei der Prüfung der Zuverlässigkeit eine Gesamtbewertung vorzunehmen ist. Daher sind auch andere Konstellationen denkbar: Zum einen bedeutet nicht jede Eintragung im polizeilichen Führungszeugnis zwangsläufig, dass von der Unzuverlässigkeit der betreffenden Person auszugehen ist. Zum anderen sind auch Fälle denkbar, in denen – trotz eines einwandfreien polizeilichen Führungszeugnisses – dennoch Zweifel an der Zuverlässigkeit bestehen können.

Zuverlässigkeit der verantwortlichen Person trotz Eintragungen im polizeilichen Führungszeugnis

Relevant sind Eintragungen im polizeilichen Führungszeugnis in der Regel nur dann, wenn es einen Bezug zum Arzneimittelgroßhandel gibt. Das kann etwa bei Verstößen gegen das Arzneimittel-, das Apotheken- oder das Heilmittelwerberecht sein. Handelt es sich hingegen um andere straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Verurteilungen, die keinen Bezug zum Arzneimittelgroßhandel haben, so kann nur dann auf eine mangelnde Zuverlässigkeit geschlossen werden, wenn sie den Charakter der betreffenden Person grundsätzlich in Frage stellen (vgl. Stumpf, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 3. Auflage 2022, AMG § 52a Rn. 59). Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn in der Vergangenheit schwere Straftaten begangen wurden oder häufige Verstöße gegen Strafvorschriften vorliegen (vgl. Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 3. Auflage 2022, AMG § 14 Rn. 18).

Dazu drei Beispiele:

  • Strebt jemand, der erst kürzlich nach einem mehrjährigen Gefängnisaufenthalt wegen Handels mit gefälschten Arzneimitteln auf Bewährung entlassen wurde, die Benennung als verantwortliche Person an, so liegen die Zweifel an der Zuverlässigkeit auf der Hand.
  • Liegt eine Verurteilung wegen einer fahrlässigen Körperverletzung oder sogar einer fahrlässigen Tötung im Straßenverkehr vor, ohne dass weitere besondere Umstände (z.B. Fahren ohne Führerschein, Fahren unter Alkoholeinfluss, etc.) dazu kommen, lässt sich allein daraus in aller Regel nicht auf eine mangelnde Zuverlässigkeit für die Tätigkeit als verantwortliche Person schließen.
  • Bei einer Vorstrafe wegen Steuerhinterziehung bedarf es einer genaueren Prüfung. Bei einem einmaligen Fehlverhalten, wenn z.B. eine größere Erbschaft nicht ordnungsgemäß in der Steuererklärung deklariert wurde, wird man daraus allein eher nicht auf eine mangelnde Zuverlässigkeit für die Tätigkeit als verantwortliche Person schließen können. Wurden hingegen nachweislich über Jahre hinweg systematisch Dokumente und Rechnungen gefälscht, kann dies die Zuverlässigkeit selbst dann in Frage stellen, wenn kein Bezug zum Arzneimittelgroßhandel vorliegt.

Mangelnde Zuverlässigkeit trotz einwandfreien polizeilichen Führungszeugnisses

Enthält das polizeiliche Führungszeugnis keine Eintragungen, ist es dennoch denkbar, dass die zuständige Behörde den Antrag wegen mangelnder Zuverlässigkeit ablehnt. So können etwa Alkoholismus oder psychische Erkrankungen Indizien für eine Unzuverlässigkeit sein. In diesem Fall muss die Behörde ihre Einschätzung auf erwiesene Tatsachen stützen. Bloße Gerüchte reichen nicht aus (vgl. Stumpf, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 3. Auflage 2022, AMG § 52a Rn. 59). Es müssen vielmehr konkrete Tatsachen dafür sprechen, dass die jeweilige Person gerade für die Ausübung der Tätigkeit nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügt (vgl. Rehmann, in: Rehmann, Arzneimittelgesetz (AMG), 5. Auflage 2020, AMG § 14 Rn. 6).

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